Wie Oldtimer den TÜV bekommen
Oldtimer sind mehr als nur Autos. Sie sind ein Stück Kulturgeschichte, Symbole vergangener Epochen und oft liebevoll gepflegte Sammlerstücke. Viele Besitzer investieren nicht nur Geld, sondern auch Zeit, Leidenschaft und handwerkliches Geschick in ihre Klassiker. Doch spätestens wenn es darum geht, den Wagen offiziell zuzulassen oder weiterhin im Straßenverkehr zu bewegen, wird ein Thema besonders wichtig: der TÜV. Die technische Abnahme ist in Deutschland auch für OldtimerPflicht. Doch wie funktioniert das eigentlich bei Fahrzeugen, die Jahrzehnte alt sind? Welche Anforderungen müssen sie erfüllen? Und worauf achten die Prüfer besonders?
Oldtimerstatus: Mehr als nur ein Alter von 30 Jahren
Im Alltag wird oft jedes ältere Fahrzeug als Oldtimer bezeichnet. Doch juristisch gesehen ist das nicht korrekt. In Deutschland regelt die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in §23, wann ein Fahrzeug als Oldtimer gilt. Grundvoraussetzung ist ein Alter von mindestens 30 Jahren ab dem Tag der Erstzulassung. Aber das allein genügt nicht. Das Fahrzeug muss sich darüber hinaus in einem „erhaltenswerten Zustand“ befinden und weitgehend dem Originalzustand entsprechen.
Dabei bedeutet „Originalzustand“ nicht zwangsläufig, dass jedes Teil von der Erstauslieferung stammen muss. Entscheidend ist vielmehr, dass Veränderungen entweder originalgetreu oder zumindest zeitgenössisch sind. Ein Radio aus den 90ern in einem Auto von 1965 ist daher ein Problem – ein Zubehörradio aus den 60ern dagegen kein Hindernis.
Die Definition lässt Spielraum, verlangt aber eine klare Linie. Ziel ist nicht Perfektion, sondern Authentizität. Das Fahrzeug soll den Stand der Technik und des Designs seiner Zeit widerspiegeln.
Zwei Prüfungen für ein H-Kennzeichen
Wer seinen Oldtimer mit einem sogenannten H-Kennzeichen (für „historisch“) auf die Straße bringen möchte, muss zwei Prüfungen bestehen. Zum einen die ganz normale Hauptuntersuchung (HU) – oft einfach als TÜV bezeichnet – und zum anderen ein spezielles Gutachten nach §23 StVZO, das die Oldtimereigenschaft bescheinigt.
Die Hauptuntersuchung prüft vor allem die Verkehrssicherheit. Auch bei Oldtimern dürfen keine gravierenden Mängel vorliegen. Rost, defekte Beleuchtung oder eine unzuverlässige Bremsanlage führen wie bei jedem anderen Fahrzeug zur Ablehnung. Dabei gilt jedoch: Was früher nicht vorgeschrieben war, muss auch heute nicht vorhanden sein. So benötigen Oldtimer, die ursprünglich keine Gurte hatten, auch heute keine – es sei denn, sie wurden nachgerüstet.
Das Oldtimergutachten hingegen betrachtet nicht nur den technischen Zustand, sondern auch die Historie und Originalität des Fahrzeugs. Hier prüfen Sachverständige, ob das Fahrzeug als „kraftfahrtechnisches Kulturgut“ gilt. Ziel ist, Fahrzeuge aus reiner Zweckmäßigkeit von der H-Zulassung auszuschließen. Umbauten, Tuning oder moderne Komponenten, die nicht zur Epoche passen, führen oft zum Scheitern der Begutachtung.
Die Rolle der Originalität: Zwischen Ideologie und Pragmatismus
Originalität ist einer der kritischsten Punkte in der Oldtimerbewertung. Ein altes Auto, das wie ein modernes Auto aussieht, hat beim TÜV keine Chance auf ein H-Kennzeichen. Viele Prüfer legen dabei einen gewissen Ermessensspielraum an den Tag. Ein Lack in einem Farbton, der zwar nicht werkseitig angeboten wurde, aber typisch für die Epoche war, wird meist akzeptiert. Auch Zubehörfelgen oder Lenkräder sind kein Problem, wenn sie historisch korrekt sind.
Probleme entstehen oft, wenn moderne Technik eingebaut wurde – etwa LED-Scheinwerfer, Sportfahrwerke oder Touchscreens. Solche Modifikationen widersprechen dem Grundgedanken der historischen Erhaltung.
Der bekannte Sachverständige Johannes Hübner bringt es treffend auf den Punkt: „Ein Oldtimer ist keine Bastelbude, sondern ein technisches Kulturgut.“ Dieses Zitat beschreibt das Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Erhalt der automobilen Geschichte.
Der Prüfprozess im Detail
Der Prüfablauf bei der Hauptuntersuchung unterscheidet sich nicht grundlegend von der eines modernen Fahrzeugs. Auch bei einem Oldtimer wird auf die sicherheitsrelevanten Komponenten geachtet: Bremsen, Lenkung, Beleuchtung, Reifen, Rahmen und Karosserie. Die Prüfer zeigen in der Regel Verständnis für altersbedingten Verschleiß, aber nicht für sicherheitsrelevante Mängel.
Was im Gegensatz dazu eher eine Einzelfallentscheidung ist, ist die Begutachtung nach §23. Hier zählt nicht nur das, was unter dem Fahrzeug sichtbar ist, sondern auch Dokumente, alte Fotos, Rechnungen und Historie. Je besser ein Besitzer vorbereitet ist, desto reibungsloser läuft der Prozess.
Vorteile der H-Zulassung
Ein erfolgreich bestandener TÜV und ein positives Oldtimergutachten ermöglichen die Zulassung mit einem H-Kennzeichen. Damit verbunden sind verschiedene Vorteile. Zum einen gilt eine pauschale Kfz-Steuer, derzeit bei 191 Euro im Jahr für Pkw. Zum anderen profitieren Oldtimerbesitzer häufig von günstigen Versicherungstarifen, sofern sie das Fahrzeug nicht als Alltagsauto nutzen. Auch Umweltzonen dürfen befahren werden, selbst wenn das Fahrzeug keine grüne Plakette erhält.
Doch all das gilt nur, solange das Fahrzeug als Oldtimer anerkannt bleibt. Wer nach der Zulassung moderne Veränderungen vornimmt, riskiert den Verlust des H-Status bei der nächsten Untersuchung.
Typische Fehler vermeiden
Viele Oldtimer scheitern an Kleinigkeiten. Ein abgenutzter Reifen mit zu geringem Profil, ein lose montierter Rückspiegel oder fehlende Reflektoren – das alles sind Punkte, die beanstandet werden können. Auch falsche oder moderne Ersatzteile werden kritisch gesehen. Wer sicher durch die Prüfung kommen will, sollte sein Fahrzeug gut vorbereiten, regelmäßig bewegen und Wartungsarbeiten ernst nehmen.
Ein häufiger Fehler: Unterschätzung der Dokumentation. Wer belegen kann, dass ein bestimmtes Teil bereits in den 70ern montiert wurde oder dass eine spezielle Ausstattung ab Werk verfügbar war, hat klare Vorteile bei der Begutachtung.
TÜV für Oldtimer – Anspruchsvoll, aber lohnend
Ein Oldtimer ist ein besonderes Fahrzeug, das auch besondere Pflege verdient – nicht nur in der Werkstatt, sondern auch im rechtlichen und technischen Umgang. Der Weg zum H-Kennzeichen ist mit gewissen Anforderungen verbunden, aber keineswegs unüberwindbar. Wer das Fahrzeug mit Respekt vor seiner Geschichte behandelt und sich gut vorbereitet, wird mit einer erfolgreichen TÜV-Abnahme belohnt.
Mehr noch: Man bewahrt nicht nur ein Stück Technik, sondern auch ein Stück Identität. Denn jedes historische Fahrzeug trägt Erinnerungen – an Menschen, an Reisen, an Zeiten, die vergangen sind, aber auf vier Rädern weiterleben.
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